24. Februar 2014

Wie man eine Ära abschafft


St. Maximilian Kolbe in Hamburg-Wilhelmsburg, (Foto: Denkmalschutzamt Hamburg)
Der Internationalen Bauausstellung 2013 sei Dank erhielt das bis vor kurzem vor allem als "Problemstadtteil" bekannte Hamburg-Wilhelmsburg neue Impulse und mediale Aufmerksamkeit. Nun, nachdem die Fördergelder verbraucht und die Fernsehkameras abgebaut sind, scheint die ungute Tradition der Benachteiligung Wilhelmsburgs rasch wieder aufzuleben. Jüngstes Beispiel: Die örtliche katholische Gemeinde will die Kirche St. Maximilian Kolbe abreißen lassen.

Die 1974 eingeweihte Kirche des Architekten Jo Filke ist ein ganz und gar außergewöhnlicher Bau von großer Originalität und Schönheit. Geprägt wird er von einer runden Betonwand, die sich, einem Schneckenhaus gleich, in einer Spiralbewegung von außen nach innen himmelwärts schraubt. Nicht nur verbindet die Kirche auf diese symbolische Weise die Erde mit dem Himmelreich, sie ist auch ein einzigartiges Dokument dafür, wie die Forderung des Zweiten Vatikanischen Konzils nach einer "tätigen Teilnahme" der Gläubigen an den Gottesdiensten architektonisch umgesetzt wurde: Der Innenraum ist offen, Gemeinde- und Altarraum gehen nahtlos ineinander über, die runde Grundform fokussiert den Raum zugleich auf den Altar. Bauhistorisch muss man St. Maximilian Kolbe zu den wichtigsten Zeugnissen des Brutalismus und der Architecture parlante in Deutschland zählen.

Diesen bedeutenden Kirchenbau abzureißen wäre ein Frevel, der umso schwerer wiegt, als die Gründe kaum nachvollziehbar sind: Die Sanierungskosten von 400.000 Euro seien zu hoch und die Kirche stehe einer geplanten Erweiterung des benachbarten katholischen Seniorenheims im Wege. Für beide Probleme ließen sich mit etwas gutem Willen Lösungen finden, wie die Evangelische Kirche mit der erst abrissbedrohten und dann zur Kita umgenutzten Bethlehem-Kirche in Eimsbüttel bewiesen hat. Sollte der Abriss kommen, wäre für Wilhelmsburg ein wichtiger Fixpunkt in einem von Baukunst nicht verwöhnten Stadtteil vernichtet. Man kann nur hoffen, dass das Denkmalschutzamt sowie die Bezirkspolitik allen Einfluss geltend machen, um diese Architekturpreziose zu retten.

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